Aus großen Städten herauszutrampen ist eine Herausforderung. Es gelingt mir immer wieder, aber es kostet Zeit, Nerven und man braucht Intuition, Erfahrung und Kreativität, um Hindernisse, wie Polizei, Autobahnkreuze und Innenstadtverkehr zu überwinden. Aber es ist gelungen. Als ich zum ersten Mal das Schild in Richtung New York gelesen habe, war es mir jedenfalls wohler. Leider scheint mich der Schnee zu verfolgen. Schöne Bilder aber leider kalte Füße.
Grenzen beim Trampen immer ein Problem
Auch Grenzen sind beim Trampen immer ein Problem. Oftmals trauen Menschen den Fremden aus dem anderen Land nicht so recht. An Grenzen weiß daher der Fahrer nicht, ob er auf einen Landsmann trifft oder doch eher auf einen Ausländer. Das macht es kompliziert. Außerdem können Mitreisende noch andere Probleme machen, etwa mit Schwierigkeiten bei der Einreise oder bei langen Kontrollen, von Drogenfunden ganz zu schweigen, in die man mit reingezogen werden könnte. Allerdings war ich mal in Schwierigkeiten, als ich aus dem Irak in die Türkei nicht als Fußgänger einreisen durfte, also ein Auto nahm. Leider hatte gerade dieser Fahrer 24 Stangen Zigaretten in sämtlichen Hohlräumen des Wagens versteckt. So viele hat der Zoll jedenfalls gefunden. Der Meister des Osterbrauches verriet mir aber, dass noch einige unentdeckt geblieben sind. Die Kontrolle dauerte Stunden und ich musste ewig warten. Und das ganz von meinen Horrorvorstellungen, meinen Urlaub im türkischen Knast zu verbringen, abgesehen.
Grenze am liebsten zu Fuß überqueren
Es empfiehlt sich also, Grenzen zu Fuß zu überqueren, was ich auch liebend gern und oft tue. In dem Falle Kanada-USA ist dies aber nicht möglich. Es ist ein Highway und die Polizei in den Staaten nicht gut auf Tramper zu sprechen.
Schließlich saß ich aber mit einer netten Familie im SUV, sie wollten nach New York, wie ich auch. Schnell stellte sich heraus, dass die 3 aus Usbekistan waren und nur Russisch, Französisch und Kirgisisch sprachen. Wir hatten Probleme bei der Einreise. Aussteigen, Fragen beantworten, erklären, warum wir verschiedene Nationalitäten besitzen und vor allem, warum wir Russisch sprechen. Dann doch alles gut, Einreise und Weiterfahrt.
Lobreden auf Kirgisien
Wir haben uns prächtig verstanden mit Lobreden auf Kirgisien und Geschichten aus Asien. Es war eine Mulilinguale Reise. Dann in New York konnte ich mich schließlich nützlich machen, denn Russisch und Französisch sind hier keine geeigneten Konversationsmittel zu Navigation. Wenn ich nicht übersetzt hätte, wären die 3 wohl jetzt noch durch Brooklyn unterweges, um die 74. Straße zu finden. Es war eine beeindruckende Ankunft – über die Manhattan Bridge. Atemberaubende Skyline und frisch gefallener Schnee. Ich habe mich zu Fuß aufgemacht, die Innenstadt zu entdecken. Was sollte ich auch ohne Unterkunft in der Nacht machen. Alle angefragten Hostels waren voll.
Beeindruckendes New York
Also bin ich durch Manhattan gelaufen. Allein im Central Park, die 5th Avenue entlang (mit Englishman in New York auf den Lippen). Vorbei am Guggenheim Museum, Metropolitan Museum of Art, der Carnigie Hall. Blick auf das Empire State Building bis hin zum Times Square. Vor ein paar Jahren bin ich im Februar nach Venedig getrampt und nachts angekommen. Da ist es mir genauso gegangen. Allein auf menschenleeren Plätzen, die man nur überfüllt kennt. Traumhaft, still, einsam und ungewöhnlich.
New York beeindruckt mich. Besonders die Architektur des frühen 20. Jahrhunderts, die unbegreiflich große Gebäude geschaffen hat, mit ungewöhnlich reichen, kleinen, liebenswerten Details. Tolle Ornamentik, tolle Formen. Fantasiereich. Außerdem war die Stadt mir gleich vertraut, denn es gibt fast so viele Einbahnstraßen, wie in Eisleben. In Manhattan sind quasi alle Straßen Einbahnstraßen.
Aber mit meinem geliehenen Fahrrad habe ich mir nicht viel daraus gemacht, schließlich sind die Bürgersteige breit und so gut wie keine weiteren Radfahrer unterwegs. Alles habe ich mit dem Rad (aus dem Hostel) erkundet.
Eben nicht die Peißnitz
Den Central Park ist eigentlich wie unsere Peißnitz, in Halle nur die Fontaine in Halle ist höher. Dabei habe ich „I like New York in June“ gesungen (aus dem Film König der Fischer) und die Südspitze, von wo das Schiff zur Freiheitsstatue ablegt. Schnell eine Tramperpose trotz der Schande des langen Fluges nach Amerika.
Bei einer Stadtführung habe ich mich mit Mike, dem Führer angefreundet. Als ich über meine Reise geplaudert habe, war er begeistert aber richtig abgegangen ist er, als ich meine letzte deutsche Rittersportschokolade von ganz unten aus dem Rucksack gezaubert habe. Immer wieder wollte er die Stationen wissen, die dieses kleine Stück quadratisch-praktisch-gut-getrampt durchquert hat. Deutschland, Polen, Baltikum, Russland, Sibirien, Korea, China, Amerikas Westküste, Kanada, bis hier, wo wir die in 1000 Teile zerbröselte, mehrmals geschmolzene Köstlichkeit, im Herzen Manhattans gemeinsam verspeist haben.
Filme über New York und Wiedersehen mit alten Bekannten
Abends habe ich mir Filme (in Englisch, mit dem Computer angesehen) die an den Orten spielen, die ich am Tag besucht habe. „König der Fischer“, Central Station, Central Park, „Weil es dich gibt“ (Serendipity), Waldorf Astoria und Eisbahn im Central Park, „Nachts im Museum“, American Museum of Natural History. Und dann habe ich, zum ersten Mal auf dieser Reise alte Bekannte wiedergesehen.
Im Museum of Modern Art habe ich Bilder und Skulpturen gesehen, die 2004 in Berlin ausgestellt waren (Liechtenstein, Monet, Pikasso, Gogh, Gaugin, Warhol, Dali, …). Ich habe mich an viele Dinge erinnert- Gemälde, Namen, Stile, Skulpturen und daran, wie ich damals in Berlin mit dem Schlafsack vor der neuen Nationalgalerie übernachtet habe, um früh ein Ticket zu bekommen. Schließlich waren Millionen in dieser Ausstellung. Die Schlange ging um das ganze Museum herum, als ich aufgestanden bin und als erster hineinmarschiert. Das war ein beeindruckender Kurz-Tramp-Kulturtrip. Ich habe damals, wie jetzt viele Anregungen zur Auseinandersetzung mit Kunst bekommen. Viele davon sind genauso für moderne Musik anwendbar und eine Bereicherung.
Der arme Poet in der U-Bahn und der Drang nach Weiterreise
Immer wieder habe ich Straßenkünstlern zugesehen und zugehört. Leider waren wenige beeindruckende dabei. Aber es ist eben Winter. Die Geschäftsidee des armen Poeten in der U-Bahn hat mich aber beeindruckt. Er hat mir ein Gedicht geschrieben, wie mich die Polizei mit dem Fahrrad verhaften wollte, weil ich ein paar Meter in der U-Bahn gerollt bin und keinen Pass mit hatte. Das Gedicht wird wohl nicht in das Verzeichnis der Weltliteratur aufgenommen werden aber die Idee ist großartig und ich habe viel Freude gehabt, ihm bei der Arbeit zuzusehen.
Nun aber will diese Stadt verlassen, weiterreisen, südwärts, ungewiss. Das nächste Ziel soll Florida sein aber auf dem Weg dorthin muss ich erst einmal der Metropole New York entkommen und es liegen viele Bundesstaaten auf dem Weg ins 2060 Kilometer entfernte Miami.
An der Freiheitsstatue bin ich auch schon vorbei gefahren, aber natürlich nicht mit so einem super Poster Foto ;-).
Dafür habe ich aber schon mit einem Orchester in Carnegie Hall gespielt. Die Halle hat einen echt guten Klang, wenn du Zeit hast, dann geh in ein Konzert.
Liebe Grüße,
Margarete